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Umweltbedingte Pigmentveränderungen der gotischen Ausmalungen in der Burg Ziesar und der Marienkirche Herzberg – Entwicklung eines Konzeptes zur nachhaltigen Konservierung

gefördert durch die DBU (Deutsche Bundesstiftung Umwelt) 2006-2008


Burg Ziesar

[REM-RE-Aufnahme am Dünnschliff]
Bleizinngelb-Pigmentkorn mit Bleidioxidsaum. Der feinkristalline Saum ist eine Sekundärbildung aus den Bleianteilen des Pigmentes. Die Umhüllung gelber Pigmentkörner mit schwarzem Bleidioxid führt zu einer Verbräunung ehemals gelber Wandmalereipartien

Zu Pigmentveränderungen an Wandmalereien bestand ein erheblicher Forschungsbedarf. Die bisherigen Arbeiten zu diesem Thema zeigten, dass der notwendige Erkenntniszuwachs nur durch eine bislang nicht ausreichend praktizierte interdisziplinäre Zusammenarbeit erreicht werden kann. Das Projekt bot erstmals die Möglichkeit, das fast vollständige Spektrum von Pigmentveränderungen an Wandmalereien unter besonderer Berücksichtigung schädigender Umwelteinflüsse und der Bauwerksgegebenheiten (Klima, Mikrobiologie, Salze) systematisch zu untersuchen. Es waren allgemeingültige Ergebnisse zu erwarten, die auf vergleichbare Anwendungsfälle übertragen werden konnten.

Das Ziel der Untersuchungen an den Wandmalereien der Burg Ziesar und der Kirche in Herzberg war zunächst eine Systematisierung der vorliegenden Schadensformen (Pigmentveränderungen) und der vermuteten Schädigungsprozesse. Der streng praxisorientierte Forschungsansatz diente der Klärung bisher nicht bekannter oder nicht ausreichend berücksichtigter Zusammenhänge zwischen Bauwerksgegebenheiten und Pigmentumwandlungen. Aus den gewonnenen Erkenntnissen sollten nachhaltige Konservierungstechnologien auf der Grundlage umweltfreundlicher Materialien entwickelt werden und modellhaft an den beiden Objekten umgesetzt werden.

Nach restauratorischer Systematisierung der vorliegenden Schadensformen (Pigmentveränderungen) sollten durch naturwissenschaftliche Untersuchungen die maßgeblichen physikalischen, chemischen und mineralogischen Abläufe unter Berücksichtigung der objektspezifischen Gegebenheiten ermittelt werden. Hierfür wurden neben mikrochemischen Untersuchungen und Messungen mittels Raman-Spektroskopie (beides an der FH Potsdam) mikroskopisch-analytische Untersuchungen an der MPA Bremen durchgeführt. Es wurden folgende Phänomene an den mittelalterlichen Wandmalereien auf der Burg Ziesar untersucht:

  • Umwandlung blauer Malereipartien in Grün bzw. grüner Malereien in Blau
  • Verbräunung gelber und roter Malereien
  • Verschwärzung roter Malereien
Durch den Einsatz mikroskopischer Methoden konnten an Kleinstproben vielfältige Aussagen zu chemisch-mineralogischen Veränderungen an den ursprünglichen Malmaterialien erkannt und interpretiert werden. Die veränderten und unveränderten Pigmente sind bereits im Lichtmikroskop (PolMi am Dünnschliff) unterscheidbar. Den wesentlichen Erkenntniszuwachs lieferten jedoch die REM/EDX-Untersuchungen, die zum Beispiel bei der Grün/Blau-Problematik aufzeigen konnten, dass es sich um unterschiedliche Cu-Verbindungen handelt. Das Blaupigment ist Azurit (Cu3(CO3)2(OH)2), in den vergrünten Bereichen hingegen ist nicht wie erwartet das kristallographisch ähnliche Malachit (Cu2[(OH)2|CO3]), sondern ein Cu-Chlorid nachweisbar. Da ein bestimmtes Kupferchlorid-Mineral (Paratacamit) jedoch auch als Pigment verwendet wird, mussten weitergehende Untersuchungen klären, ob es sich hier um eine Ausmischung oder um eine sekundäre Umwandlung des Malachit, beispielsweise als Folge einer Chlorideinwirkung, handelte. In verschwärzten Malereien, in denen Bleipigmente verwendet wurden, konnten feinkristalline Mineralneubildungen um die Pigmentkörner erkannt werden. Mit Hilfe der Raman-Spektroskopie konnten diese Kristalle als Umwandlungsprodukt von Bleipigmenten identifiziert werden (Bleidioxid - eine schwarze Bleiverbindung).

Im weiteren Verlauf des Projektes stand die genaue Identifizierung der bei den Pigmentveränderungen entstehenden Umwandlungsprodukte im Vordergrund. Die Untersuchungen wuerden auf die Marienkirche in Herzberg (Brandenburg) ausgeweitet.
 

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